Länderspezifische Informationen: Österreich

 

Das österreichische Integrationssystem

Zahlen

Laut Statistik Austria lebten mit Stand 1. Jänner 2017 insgesamt 8.772.865 Personen in Österreich. Davon waren 7.430.935 Personen Österreicher und Österreicherinnen und 1.341.930 ausländische Staatsangehörige. Seit 2015 ist der Zustrom von Asylsuchenden beträchtlich. UNHCR schätzt, dass Anfang 2017 rund 93.000 Menschen mit Flüchtlings- und subsidiärem Schutzstatus in Österreich lebten. Die Einwanderungswelle ließ nach der Schließung der Balkanroute und einer Wende der nationalen Integrationspolitik nach den Wahlen in Österreich 2017 von einer überwiegend positiven zu einer restriktiven Haltung gegenüber Flüchtlingen nach. Dennoch gibt es in Österreich derzeit ein umfassendes Integrationssystem. Für die Jahre 2015-2019 sind rund 8 Milliarden Euro für die Integration budgetiert.

Lebensunterhalt

Asylsuchende bekommen in Österreich die so genannte Grundversorgung. Diese wird dann gewährt, wenn der/die Asylsuchende mittellos ist, also weder Geld noch sonstiges Vermögen hat. Da Asylsuchende während des Asylverfahrens nur sehr eingeschränkt arbeiten dürfen, ist die Unterstützung durch die Grundversorgung für viele lebensnotwendig. Die Grundversorgung sichert einen bescheidenen Lebensunterhalt, ist aber deutlich geringer als die Sozialleistungen für Österreicher. Die Höhe der Grundversorgung hängt davon ab, ob der/die Asylsuchende in organisierten Unterkünften oder selbstständig wohnt.

Erst wenn eine Person einen positiven Asylbescheid bekommt und damit als Flüchtling anerkannt wird, hat sie Anspruch auf die höhere Mindestsicherung. Allerdings gelten in den Bundesländern unterschiedliche Regelungen. So gibt es in manchen Bundesländern für Flüchtlinge eine Wartefrist und geringere Leistungen als für Österreicher und Österreicherinnen.

Gesundheit

Flüchtlinge, die sich in Österreich ankommen als Asylwerber registrieren, sind krankenversichert. Damit stehen ihnen dieselben Krankenkassenleistungen zu wie Österreichern. Sie erhalten in den meisten Bundesländern eine E-Card, die österreichische Versicherungskarte. Außerdem sind sie von den ansonsten geltenden Rezeptgebühren befreit.

Integrationsgesetz 2017

Das Integrationsgesetz zielt auf eine schnelle Integration von Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten und rechtmäßig niedergelassenen Drittstaatsangehörigen ab. Es folgt dem Prinzip des Förderns und Forderns: Zum einen bietet der Staat Integrationsmaßnahmen an, andererseits sind die Betroffenen zur aktiven Mitarbeit verpflichtet. Konkret bedeutet dies, dass Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte verpflichtet sind, eine Integrationserklärung zu unterzeichnen sowie einen Werte- und Orientierungskurs und Deutschkurse mit Zielniveaus A1 und A2 erfolgreich abzuschließen. Wer nicht mitwirkt, riskiert eine Kürzung der Sozialhilfe bzw. der Mindestsicherung.

Integrationsjahr

Ein sogenanntes „Integrationsjahr“ ist verpflichtend für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte ab 15 Jahren, die noch keine Arbeit gefunden haben. Ziel dieses Integrationsjahres ist es, Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern, sowie die gesellschaftliche Teilhabe und die wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit zu ermöglichen.

Das Integrationsjahr umfasst verschiedene Module, u.a. so genannte „Kompetenzchecks“, Berufsorientierungs- und Bewerbungstrainings, Deutschkurse und Arbeitstrainings. Diese können bis zu zwölf Monate dauern und bei NGOs absolviert werden. Das Arbeitsmarktservice (AMS) ist für die Organisation und Abwicklung des Integrationsjahres zuständig. Nimmt man nicht an den Maßnahmen teil, muss man mit Sanktionen wie die Kürzung der Mindestsicherung rechnen.

Integrationskurse

Es gibt drei Hauptakteure, die Integrationskurse finanzieren.

Der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) ist ein Fonds der Republik Österreich und bietet Integrationsdienstleistungen auf nationaler Ebene an. Er betreibt österreichweit verteilte Integrationszentren mit Informations- und Beratungsangeboten. Der ÖIF ist der Hauptanbieter von spezifischen Deutschkursen für Migranten und von so genannten Wert- und Orientierungskursen.

 

Das Arbeitsmarktservice (AMS) ist der wichtigste Anbieter von arbeitsmarktbezogenen Dienstleistungen. Das AMS beauftragt arbeitsmarktvorbereitende Maßnahmen und schickt Migranten mit Arbeitsgenehmigung an private und öffentlich finanzierte Institutionen, die solche Kurse anbieten. Ein spezieller, von AMS finanzierter Kurstyp sei hier hervorgehoben: Der “Kompetenzcheck” unterstützt Flüchtlinge mit Rechtsstatus und deutscher Sprachkompetenz der Stufe A1 bei der Integration in den Arbeitsmarkt durch

– Strukturierte Dokumentation der vorhandenen Kompetenzen und Qualifikationen;
– Förderung relevanter, arbeitsmarktspezifischer Kompetenzen;
– Informationen über die österreichischen Arbeitsmarktsysteme;
– Entwicklung eines Karriereplans / einer Berufsperspektive;
– Vermittlung in den Arbeitsmarkt.

Die Abteilung für Migration und Asyl im Bundesministerium für Inneres verwaltet den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) in Österreich. AMIF stellt Mittel zur Verfügung für

– Sprache und Bildung
– Arbeitsmarktintegration
– Werte & Willkommenskultur

Bildungsträger oder soziale Organisationen in ganz Österreich können sich für Projekte in diesen Bereichen bewerben.

 

Links Integration Österreich

 

Asylverfahren

 

Allgemeine Information und Beratung

 

Wohnen

 

Gesundheit

 

Bildung und Arbeitsmarkt

 

Online Communities zum Thema Flucht und Asyl

Facebook-Gruppen (insgesamt 60.000+ Flüchtlinge, Freiwillige, Fachkräfte):

  • Bildungs- und Berufsberatung, Berufsorientierung und Berufsinformation (2547 Mitglieder)
  • START NOW: Flüchtlingshilfe (8898):
  • Refugees Welcome to Austria (16354):
  • Flüchtlinge Willkommen Österreich (15381):
  • Flüchtlinge Willkommen in Wien (11576)
  • Diakonie Flüchtlingsdienst (8612)

Länderspezifische Informationen: Österreich

 

Das österreichische Integrationssystem

Zahlen

Laut Statistik Austria lebten mit Stand 1. Jänner 2017 insgesamt 8.772.865 Personen in Österreich. Davon waren 7.430.935 Personen Österreicher und Österreicherinnen und 1.341.930 ausländische Staatsangehörige. Seit 2015 ist der Zustrom von Asylsuchenden beträchtlich. UNHCR schätzt, dass Anfang 2017 rund 93.000 Menschen mit Flüchtlings- und subsidiärem Schutzstatus in Österreich lebten. Die Einwanderungswelle ließ nach der Schließung der Balkanroute und einer Wende der nationalen Integrationspolitik nach den Wahlen in Österreich 2017 von einer überwiegend positiven zu einer restriktiven Haltung gegenüber Flüchtlingen nach. Dennoch gibt es in Österreich derzeit ein umfassendes Integrationssystem. Für die Jahre 2015-2019 sind rund 8 Milliarden Euro für die Integration budgetiert.

Lebensunterhalt

Asylsuchende bekommen in Österreich die so genannte Grundversorgung. Diese wird dann gewährt, wenn der/die Asylsuchende mittellos ist, also weder Geld noch sonstiges Vermögen hat. Da Asylsuchende während des Asylverfahrens nur sehr eingeschränkt arbeiten dürfen, ist die Unterstützung durch die Grundversorgung für viele lebensnotwendig. Die Grundversorgung sichert einen bescheidenen Lebensunterhalt, ist aber deutlich geringer als die Sozialleistungen für Österreicher. Die Höhe der Grundversorgung hängt davon ab, ob der/die Asylsuchende in organisierten Unterkünften oder selbstständig wohnt.

Erst wenn eine Person einen positiven Asylbescheid bekommt und damit als Flüchtling anerkannt wird, hat sie Anspruch auf die höhere Mindestsicherung. Allerdings gelten in den Bundesländern unterschiedliche Regelungen. So gibt es in manchen Bundesländern für Flüchtlinge eine Wartefrist und geringere Leistungen als für Österreicher und Österreicherinnen.

Gesundheit

Flüchtlinge, die sich in Österreich ankommen als Asylwerber registrieren, sind krankenversichert. Damit stehen ihnen dieselben Krankenkassenleistungen zu wie Österreichern. Sie erhalten in den meisten Bundesländern eine E-Card, die österreichische Versicherungskarte. Außerdem sind sie von den ansonsten geltenden Rezeptgebühren befreit.

Integrationsgesetz 2017

Das Integrationsgesetz zielt auf eine schnelle Integration von Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten und rechtmäßig niedergelassenen Drittstaatsangehörigen ab. Es folgt dem Prinzip des Förderns und Forderns: Zum einen bietet der Staat Integrationsmaßnahmen an, andererseits sind die Betroffenen zur aktiven Mitarbeit verpflichtet. Konkret bedeutet dies, dass Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte verpflichtet sind, eine Integrationserklärung zu unterzeichnen sowie einen Werte- und Orientierungskurs und Deutschkurse mit Zielniveaus A1 und A2 erfolgreich abzuschließen. Wer nicht mitwirkt, riskiert eine Kürzung der Sozialhilfe bzw. der Mindestsicherung.

Integrationsjahr

Ein sogenanntes „Integrationsjahr“ ist verpflichtend für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte ab 15 Jahren, die noch keine Arbeit gefunden haben. Ziel dieses Integrationsjahres ist es, Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern, sowie die gesellschaftliche Teilhabe und die wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit zu ermöglichen.

Das Integrationsjahr umfasst verschiedene Module, u.a. so genannte „Kompetenzchecks“, Berufsorientierungs- und Bewerbungstrainings, Deutschkurse und Arbeitstrainings. Diese können bis zu zwölf Monate dauern und bei NGOs absolviert werden. Das Arbeitsmarktservice (AMS) ist für die Organisation und Abwicklung des Integrationsjahres zuständig. Nimmt man nicht an den Maßnahmen teil, muss man mit Sanktionen wie die Kürzung der Mindestsicherung rechnen.

Integrationskurse

Es gibt drei Hauptakteure, die Integrationskurse finanzieren.

Der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) ist ein Fonds der Republik Österreich und bietet Integrationsdienstleistungen auf nationaler Ebene an. Er betreibt österreichweit verteilte Integrationszentren mit Informations- und Beratungsangeboten. Der ÖIF ist der Hauptanbieter von spezifischen Deutschkursen für Migranten und von so genannten Wert- und Orientierungskursen.

 

Das Arbeitsmarktservice (AMS) ist der wichtigste Anbieter von arbeitsmarktbezogenen Dienstleistungen. Das AMS beauftragt arbeitsmarktvorbereitende Maßnahmen und schickt Migranten mit Arbeitsgenehmigung an private und öffentlich finanzierte Institutionen, die solche Kurse anbieten. Ein spezieller, von AMS finanzierter Kurstyp sei hier hervorgehoben: Der “Kompetenzcheck” unterstützt Flüchtlinge mit Rechtsstatus und deutscher Sprachkompetenz der Stufe A1 bei der Integration in den Arbeitsmarkt durch

– Strukturierte Dokumentation der vorhandenen Kompetenzen und Qualifikationen;
– Förderung relevanter, arbeitsmarktspezifischer Kompetenzen;
– Informationen über die österreichischen Arbeitsmarktsysteme;
– Entwicklung eines Karriereplans / einer Berufsperspektive;
– Vermittlung in den Arbeitsmarkt.

Die Abteilung für Migration und Asyl im Bundesministerium für Inneres verwaltet den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) in Österreich. AMIF stellt Mittel zur Verfügung für

– Sprache und Bildung
– Arbeitsmarktintegration
– Werte & Willkommenskultur

Bildungsträger oder soziale Organisationen in ganz Österreich können sich für Projekte in diesen Bereichen bewerben.

 

Links Integration Österreich

 

Asylverfahren

 

Allgemeine Information und Beratung

 

Wohnen

 

Gesundheit

 

Bildung und Arbeitsmarkt

 

Online Communities zum Thema Flucht und Asyl

Facebook-Gruppen (insgesamt 60.000+ Flüchtlinge, Freiwillige, Fachkräfte):

  • Bildungs- und Berufsberatung, Berufsorientierung und Berufsinformation (2547 Mitglieder)
  • START NOW: Flüchtlingshilfe (8898):
  • Refugees Welcome to Austria (16354):
  • Flüchtlinge Willkommen Österreich (15381):
  • Flüchtlinge Willkommen in Wien (11576)
  • Diakonie Flüchtlingsdienst (8612)

Eine weit verbreitete Ursache für kulturelle Missverständnisse zwischen  neu angekommenen Migranten und Trainern sowie BeraterInnen in Integrationskursen hinsichtlich der Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt ist die unterschiedliche Bedeutung formaler Kriterien in den Arbeitsmarktsystemen. In Österreich ist der Zugang zu arbeitsmarktbezogenen Ausbildungsprogrammen stark reguliert; Arbeitssuchende müssen vom Arbeitsmarktservice (AMS) zu Kursen zugeteilt werden. Darüber hinaus sind in Österreich, das für sein ausgefeiltes Berufsbildungssystem bekannt ist, formale Qualifikationen für die meisten Berufe von wesentlicher Bedeutung. Man kann nicht  davon ausgehen, dass sich alle Migranten aus anderen Kulturen dessen bewusst sind.

Auf der Grundlage von Edward Halls „monochronem/polychronem“ Zeitverständnis entwickelte Richard Lewis ein Konzept, in dem er Gesellschaften in multiaktiv, linearaktiv und reaktiv unterteilt.

Multiaktive Kulturen, die Halls unten beschriebenen polychronen Kulturen ähneln, sind dazu in der Lage, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu bewältigen. Sie arbeiten weniger formal als andere Kulturen und verschieben ihre Prioritäten je nach dem, was sie in einem bestimmten Moment für wichtiger halten. Aus diesem Grund sind Zeitpläne und Pünktlichkeit zweitrangig gegenüber der Bedeutung, die einer konkreten Aufgabe, Sitzung oder Verabredung beigemessen wird. Das bedeutet nicht, dass multiaktive Kulturen, wie einige südeuropäische, arabische und afrikanische Kulturen, Fristen nicht respektieren oder Pünktlichkeit verweigern. Menschen aus diesen Kulturen müssen lediglich die Bedeutung von Termineinhaltung und Pünktlichkeit auf persönlicher Ebene einsehen, um sich daran zu halten.

Linearaktive Kulturen wie die deutsche, schweizerische, britische und skandinavische Kultur, gehen formaler und systematischer vor und legen Wert auf Planung und Zeitpläne. Sie neigen dazu, eine Sache nach der anderen zu erledigen und halten sich an Fristen und Pünktlichkeit, was für sie äußerst wichtig ist.

Im Rahmen von „Vocal in Need“ muss dies berücksichtigt werden, da viele Migranten, die nach Deutschland oder Österreich kommen, aus Ländern mit multiaktiven Kulturen stammen, wie beispielsweise aus Nigeria, Sudan oder Algerien. Aus der Perspektive linearaktiver Länder können Menschen aus multiaktiven Kulturen unstrukturiert, unorganisiert oder sogar unverantwortlich und faul erscheinen. Der Eindruck der Verantwortungslosigkeit kann möglicherweise darauf zurückgeführt werden, dass sie ein anderes Zeitverständnis haben. Möglicherweise ist der Eindruck der Faulheit auf die unterschiedliche Priorisierung von Aufgaben zurückzuführen. Eine unerfüllte Aufgabe bedeutet nicht, dass sie nicht wichtig ist – sie ist lediglich in diesem besonderen Moment und unter den gegebenen Umständen nicht wichtig genug.

Die dritte Gruppe stellen die so genannten reaktiven Kulturen wie Asien dar. Diese Kulturen legen Wert auf Respekt und Sanftmut. Was die Zeit betrifft, so unterscheidet sich ihr Verständnis von den linearaktiven und multiaktiven Kulturen. Dies ist vergleichbar mit verschiedenen Arten, die Gangschaltung eines Autos zu benutzen: Multiaktive Menschen gehen sofort in den ersten Gang, so dass sie viel Gas geben können, um sofort zu beschleunigen und in den zweiten und dritten Gang zu gelangen, sobald die Diskussion intensiver wird. Reaktive Kulturen bevorzugen es, langsamer zu schalten. Zu hohe Drehzahlen können zu Schäden am Motor (an der Diskussion) führen. Das große Rad dreht sich zunächst langsamer und der Fuß wird sanft durchgedrückt. Aber wenn die Dynamik schließlich erreicht ist, wird sie wahrscheinlich aufrechterhalten und darüber hinaus in die richtige Richtung gehen. https://www.crossculture.com/about-us/the-model/reactive/

Ratschläge

  • Beobachten Sie und finden Sie heraus, ob Ihr Gegenüber zur multiaktiven, linearaktiven oder reaktiven Gruppe gehört.
  • Vermitteln Sie die Bedeutung von Aufgaben und Terminen auf persönlicher Ebene, um das Engagement zu erhöhen.
  • Nehmen Sie Verspätungen möglichst nicht persönlich. Es geht um unterschiedliche Ansätze, nicht um Sie.

Kommunikation

Unterschiedliche Kulturen kommunizieren auf unterschiedliche Weise. Einige Kulturen sind direkt, andere eher nicht. Das Konzept der direkten und indirekten Kommunikation bestimmt, in welchem Ausmaß Kulturen  nicht nur darauf achten, was gesagt wird sondern auch auf nonverbale Botschaften zurückgreifen, um etwas auszudrücken. Natürlich können nur allgemeine Tendenzen beschrieben werden, denn selbst innerhalb eines Landes kann es Abweichungen geben.

High-context Kulturen sind einen direkten Kommunikationsstil nicht gewohnt. Das bedeutet beipielsweise, dass negative Botschaften (Kritik, schwierige Situationen) nicht offen ausgesprochen werden. Menschen aus high-context Kulturen (wie der afghanischen, pakistanischen, persischen, asiatischen, afrikanischen, französischen, italienischen) verlassen sich darauf, dass ihr Gegenüber die Botschaft richtig interpretiert, indem er zwischen den Zeilen liest und beispielsweise Gesichtsausdrücke, Gestik und Gesprächspausen deutet oder die verwendeten Metaphern versteht (Hall, 1976).

Low-context Kulturen wie die deutsche, niederländische, schweizerische und die amerikanische sagen wiederum offen ,was sie meinen und achten nicht genau auf Formulierungen oder wie sie ihre Worte „verpacken“. „Ja“ heißt „Ja, ich stimme zu.” und nicht “Ja, ich habe gehört was du gesagt hast’. Kritik wird offen geäußert, Über negative Situationen wird gesprochen, ohne besonders auf die Gefühle des Gesprächspartners Rücksicht zu nehmen, da das Ziel der Kommunikation darin besteht, die Situation zu verbessern oder die Arbeit oder Aufgabe besser zu erledigen.

Interkulturelle Herausforderungen können entstehen, wenn z.B. ein deutscher Polizist oder Mitarbeiter einer NGO mit einem Geflüchteten aus einer high context Kultur wie der afghanischen kommuniziert.Für  Menschen aus einer high context Kultur mag der direkte Weg, schwierige Themen  wie Flucht, Integration sowie Verantwortung in der neuen Gesellschaft anzusprechen, zu direkt sein und die persönlichen Gefühle des Geflüchteten verletzen.

Hinweise:

  • Wenn Sie aus einer low-context Kultur kommen, wählen Sie Ihre Worte
  • Achten Sie auf die nonverbale Sprache Ihres Gesprächspartners, um zu verstehen, wie er auf das was Sie sagen reagiert
  • Wenn Sie aus einer high-context Kultur kommen, zögern Sie nicht, explizit zu sagen was Sie meinen, wenn Sie mit jemandem aus einer low-context Kultur sprechen. Ansonsten werden Sie möglicherweise nicht verstanden.

 

Beziehungsorientierung – Einhalten von Regeln

Für einige Kulturen sind Beziehungen wichtiger als Regeln und die zu lösende Aufgabe (Trompenaars, 1997).

Im Vergleich zu einigen westeuropäischen Ländern wie Deutschland, der Schweiz und anderen Regionen Nordeuropas kommunizieren Menschen aus arabischen Ländern und Osteuropa häufig eher auf einer persönlichen Ebene. Für sie ist es wichtig, eine persönliche Basis zu schaffen,  bevor man sich der Arbeit oder ernsthaften Themen widmet.

Insbesondere im Kontext der NGOs kann dieses aufgabenbezogene Herangehen Schwierigkeiten hervorrufen. Menschen aus eher beziehungsorientierten Ländern öffnen sich unter Umständen nicht ohne eine kleine Aufwärmphase, nach der man zu den ernsten Themen übergeht.

In einigen Kulturen, die stark beziehungsorientiert sind, ist das Einhalten von Regeln mitunter von geringerer Bedeutung. Das ergibt sich daraus, dass die persönliche Beziehung mehr Bedeutung hat als das strikte Einhalten von Regeln. In solchen Ländern kann es sein, dass zugunsten einer guten Arbeitsbeziehung Regeln nicht eingehalten werden. Im Falle eines Konfliktes, der durch Nichteinhaltung von Regeln entstanden ist, kann es hilfreich sein, sich auf einer persönlichen Ebene um dessen Lösung zu bemühen und diese mit hoher Wahrscheinlichkeit zu finden.

Empfehlungen:

  • Beginnen Sie eine Unterhaltung mit Smalltalk. Das wird Ihnen helfen, Vertrauen aufzubauen.
  • Seien Sie bereit, sich zu öffnen, selbst wenn Ihnen das eigenartig erscheint.
  • Reflektieren Sie nicht nur, was Sie “gern sagen würden” sondern auch, “wie” Sie sich ausdrücken.
  • Zeigen Sie Flexibilität in ihrer Bereitschaft, Beziehungen aufzubauen.

 

Bibliographie:

Hall, E. T. (1976).Beyond Culture. New York: Anchor Books.

Trompenaars, F. (1997). Riding the waves of culture. 2. ed., London, Boston: Nicholas Brealey Publishing,

Körpersprache

Dass Körperhaltung und –ausrichtung bei allen Menschen gleich sind, wird allgemein anerkannt. Unabhängig von kulturellen Besonderheiten können wir Aggression, Unbeschwertheit, Vertrautheit usw. meist erkennen. Der persönliche Raum in der Interaktion mit anderen ist jedoch kulturell beeinflusst und kann symbolische Bedeutung haben (Ekman, 1992

Es ist beispielsweise bekannt, dass der angemessene Abstand zwischen Personen in förmlichen Begegnungen in einigen arabischen, asiatischen, südeuropäischen und lateinamerikanischen Ländern geringer sein kann als in Nordamerika oder Nordeuropa.  Die räumliche Orientierung zueinander ist ebenfalls unterschiedlich: in arabischen Ländern beispielsweise steht man sich eher gegenüber als in den USA oder in europäischen Ländern. http://www.payer.de/kommkulturen/kultur043.htmPoxemic Hall (26.6.2018)

Diese Faktoren können zu kulturbedingten Missverständnissen führen, beispielsweise dann, wenn sich Polizeibeamte vorschriftsmäßig in gewisser Weise positionieren sollen, um sich im Notfall gegenseitig sichern zu können.  Ein deutscher Polizeibeamter erwartet vermutlich von einem Zivilisten, dass dieser einen Abstand von ca. einem Meter einhält und würde sich nicht direkt vor ihn stellen. Ein geringerer Abstand und ein direktes Gegenüberstehen kann als aggressives oder dominantes Verhalten ausgelegt werden. Das muss nicht zwangsläufig zutreffen, wenn der Zivilist aus einer Kultur kommt, in der ein solcher Abstand und solch eine räumliche Orientierung bei förmlichen Begegnungen normal sind.

Hinweise:

  • Beobachten Sie die Körpersprache Ihres Gegenübers aufmerksam.
  • Vermeiden Sie es, die Körpersprache Ihres Gegenübers falsch zu interpretieren.
  • Beachten Sie die Kulturspezifik von Körpersprache.
  • Finden Sie heraus, woher Ihr Gegenüber kommt. Das kann Ihnen beim Verständnis der Körpersprache helfen.

 

Gefühle

Jeder Mensch drückt Gefühle wie beispielsweise Angst, Zorn, Trauer und Glück durch bestimmte universale nonverbale Elemente aus (zum Beispiel durch Bewegungen der Lippen / des Mundes oder der Augen).  Wie und in welchem Maße Gefühle gezeigt werden, ist jedoch kulturell bedingt.  Das bedeutet, dass Kulturen in unterschiedlichem Maße darüber urteilen, ob das Zeigen bestimmter Gefühle angemessen ist.  Forschungen zeigen, dass es scheinbar einen Zusammenhang gibt zwischen den Kulturdimensionen „Kollektivismus – Individualismus“, „hohe und niedrige Machtdistanz“ sowie „Maskulinität“ und dem Umgang mit Gefühlen. (Fernández, Carrera, Pilar et al., 2000)

In Kulturen mit höherem Individualismus werden Gefühle eher gezeigt als in eher kollektivistisch geprägten Kulturen. Das beruht darauf, dass in kollektivistischen Kulturen wie beispielsweise den asiatischen das Zeigen persönlichen Glücks oder Ärgers die Gruppenharmonie beeinträchtigen kann.

Kulturen mit hoher Machtdistanz und Maskulinität zeigen Gefühle weniger offen als solche mit niedriger, da ein Gefühlsausbruch möglicherweise respektlos ist. Deutsche erscheinen aus diesem Grund zumeist neutral.

Dieses Thema ist jedoch sehr komplex, da der kulturelle Einfluss auf ein und dasselbe Gefühl von Land zu Land unterschiedlich sein kann. Lächeln und Lachen haben beispielsweise in asiatischen Kulturen eine unterschiedliche Bedeutung.  Sie können natürlich Glück ausdrücken. Sie können jedoch ebenso Ausdruck verschiedener negativer Gefühle sein. Kichern und Lachen können Anzeichen von Unbehagen sein; ein Lachen versteckte Angst oder andere starke Gefühle wie Trauer oder Leid überspielen. Einige muslimische Kulturen haben Rituale für den Umgang mit Disstress bei Todesfällen ritualisiert, mediterrane Kulturen dagegen zeigen Disstress offener als nordeuropäische, (heutzutage) jedoch nicht in ritualisierter Form

Hinweise:

  • Vermeiden Sie, Ihr Gegenüber aufgrund Ihrer eigenen Gefühlsstandards falsch zu bewerten.
  • Beachten Sie die Kulturspezifik des Umgangs mit Gefühlen .
  • Stellen Sie Fragen, mit deren Hilfe Sie die Situation verstehen können.

 

Ekman, Paul (1992). “Are there basic emotions?”, in: Psychological Review, vol. 99 (3), S. 550–553.

Fernández, Itziar, Carrera, Pilar et al. (2000). “Differences between cultures in emotional verbal and non-verbal Reactions”, in: Psicotema, Bd. 12, Supl., S. 83-92 https://www2.uned.es/dpto-psicologia-social-y-organizaciones/paginas/profesores/Itziar/Psicothema2000.pdf (24.7.2018)

Hall, Edward (1966). The Hidden Dimension, Garden City, N.Y.

http://www.payer.de/kommkulturen/kultur043.htmPoxemic Hall (26.6.2018)

https://www.management-issues.com/opinion/7239/emotional-differences-across-cultures/ (24.7.2018)

Ein Coach und ein syrischer Geflüchteter treffen sich zu einem Beratungsgespräch. Der Migrant behauptet, dass er ausgebildeter Krankenpfleger ist und erklärt, dass er in diesem Beruf weiterarbeiten möchte. Der Coach versucht, die offiziellen Dokumente zu bewerten, die die bestehende Qualifikation belegen. Der Migrant zeigt ein Zeugnis in arabischer Sprache. Daraufhin empfiehlt der Coach dem Migranten, dieses ins Deutsche übersetzen zu lassen und zur nationalen Anerkennungsstelle zu gehen, um es offiziell anerkennen zu lassen. Zusätzliche Dokumente belegen, dass der Migrant an einer kontinuierlichen Weiterbildung teilgenommen hat, um seine Fähigkeiten auf dem neuesten Stand zu halten. Darüber hinaus schlägt der Coach vor, ehemalige Arbeitgeber um Referenzen zu bitten. Zur Verbesserung der Sprachkenntnisse wird ein zusätzlicher arbeitsspezifischer Sprachkurs empfohlen.

Eine Migrantin, verheiratete Mutter von zwei Kindern, hat eine Stellenanzeige in der Büroorganisation gefunden, die ihren Qualifikationen und Bedürfnissen zu entsprechen scheint: Es handelt sich um eine Teilzeitstelle bei einem Maschinenbauunternehmen, das seine Produkte weltweit exportiert. Zu den erforderlichen Qualifikationen gehören ein Sekundarschulabschluss, Grundkenntnisse der Buchhaltung, IT-Kenntnisse (Informations- und Kommunikationstechnologie), Englischkenntnisse, Teamfähigkeit sowie Motivation. Die Migrantin ist sicher, dass sie diese Anforderungen erfüllen kann, ist aber unsicher, wie sie geeignete Bewerbungsunterlagen erstellen soll.

Das Modul 4 bietet Sprachtraining für Trainer und Coaches in Integrationskursen für Geflüchtete und andere Migranten.

Eine im Rahmen des Projekts Vocal in Need durchgeführte Bedarfsanalyse ergab, dass Sprach- und Kommunikationsfähigkeiten für Trainer und Coaches in drei typischen Situationen von besonderer Bedeutung sind:

  • bei der Erstaufnahme eines neuen Migranten, der am Kurs teilnehmen wird;
  • bei der Identifizierung der Karriereziele und des Qualifikationsprofils eines Migranten;
  • bei der Analyse eines Stellenangebots und der Beurteilung der Qualifikation des Migranten im Hinblick auf eine bestimmte Bewerbung.

Nach diesen Erkenntnissen aus der Bedarfsanalyse konzentriert sich das Modul auf drei Szenarien, welche die oben genannten Situationen widerspiegeln. Dabei werden auch typische Gespräche einbezogen, die in diesen Situationen geführt werden. In diesen Situationen müssen Trainer und Coaches in der Lage sein, in einer leicht verständlichen und eindeutigen Sprache zu kommunizieren sowie gleichzeitig einige fachspezifische Begriffe zur Bewertung von Kompetenzen und Qualifikationen, Berufsorientierung und Bewerbung zu verwenden.

Die Geschlechterproblematik wurde im Modul sensibel behandelt, indem bewusst Geschlechterrollen gewählt wurden, die für bestimmte Berufe nicht stereotyp sind (z.B. männlicher Krankenpfleger).

Das Ziel von Modul 4 ist die Entwicklung von Sprach- und Kommunikationsfähigkeiten in Bezug auf:

  • die Verwendung grundlegender Begriffe des Arbeitsmarktsystems, des Arbeitsmarkttrainings und des Bewerbungsprozesses;
  • die Einführung von Migranten in den Integrationskurs und die Erläuterung der Abläufe;
  • die Überprüfung und Neuformulierung von Redewendungen, um Sprachbarrieren zu überwinden;
  • die Ermutigung der Migranten, sich auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten, sowie die gleichzeitige Unterstützung dabei, sich ein realistisches Bild von ihrer Situation zu machen;
  • die Aufklärung von arbeitssuchenden Migranten über formelle und informelle Anforderungen des Arbeitsmarktes;
  • die Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz.

 

 

Das Modul 4 umfasst drei Szenarien:

Szenario 1: „Erstkontakt und Aufnahme in den Kurs”, in dem die Lernenden üben:

  • einen neuen Teilnehmer eines Vorbereitungskurses für den Arbeitsmarkt zu begrüßen;
  • herauszufinden, an welchem Kurs der Teilnehmer teilnehmen möchte;
  • die Ziele und den Inhalt des Kurses zu beschreiben;
  • den Qualifikationsstand der Teilnehmer herauszufinden;
  • die Formalitäten der Kursanmeldung zu erklären.

 

Szenario 2: „Bewertung der Qualifikationen”, in dem die Lernenden üben:

  • die Karriereziele eines Arbeitssuchenden zu identifizieren;
  • über Jobchancen auf dem Arbeitsmarkt zu sprechen;
  • herauszufinden, welche formalen Qualifikationen der Arbeitssuchende erworben hat;
  • zu beraten, wie ausländische Abschlüsse offiziell anerkannt werden können;
  • angemessene Empfehlungen für Weiterbildungsmaßnahmen zu formulieren.

 

Szenario 3: „Auswertung von Stellenanzeigen “, in dem die Lernenden üben:

  • über die Anforderungen an einen bestimmten Job zu sprechen;
  • über die Bedeutung von Soft Skills auf dem Arbeitsmarkt zu sprechen;
  • arbeitssuchenden Migranten zu helfen, sich ein realistisches Bild vom Arbeitsmarkt zu machen;
  • sie in der Bewerbungsphase zu ermutigen;
  • grundlegende Terminologie von Bewerbungen zu verwenden.

Der folgende Dialog basiert auf einer Situation, die in Italien stattfindet. Diese kann in einem anderen Land entsprechend den dort geltenden Regelungen anders sein. Weitere Informationen finden Sie in den länderspezifischen Informationen zu diesem Modul.

 

Situation: In einer italienischen Unterkunft hat ein Migrant seit mehreren Tagen starke Bauchschmerzen. Er war bei einem Arzt, der einige Medikamente verschrieben hat, die allerdings nicht geholfen haben. Der Migrant muss einen Facharzt aufsuchen, weiß jedoch nicht, wie er das machen soll. Aus diesem Grund wendet er sich an seinen Sozialarbeiter, der ihm im folgenden Dialog erklärt, wie man eine fachärztliche Untersuchung vereinbart.